Die freihändige entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Schriften, Büchern und CDïs religiösen Inhalts in einer Fußgängerzone durch einen Anhänger einer Glaubensgemeinschaft (hier: der Hare-Krishna-Bewegung) ist dem jedermann gestatteten Gemeingebrauch zuzurechnen und stellt keine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar (Aufgabe der von dem Senat in seiner Entscheidung vom 06.02.1975 - NJW 1975, 1288 - vertretenen Auffassung).«.

An der in seiner Entscheidung vom 6. Februar 1975 (NJW 1975, 1288) vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht mehr fest.

Der vorliegende Fall zwingt auch nicht zu einer abschließenden Stellungnahme zu der von mehreren Oberlandesgerichten mit unterschiedlicher Begründung vertretenen Ansicht, das Verteilen von Flugblättern, Handzetteln oder sonstigen Schriften politischen Inhalts, sofern dies von Mensch zu Mensch geschieht, sei eine erlaubnisfreie Nutzung der Verkehrsfläche (Gemeingebrauch: OLG Stuttgart NJW 1976, 201; OLG Frankfurt NJW 1976, 203; OLG Bremen NJW 1976, 1359 [OLG Bremen 12.02.1976 - Ss B 74/75]; OLG Karlsruhe NJW 1976, 1360 [OLG Karlsruhe 15.04.1976 - 3 Ss B 231/75]; erweiterter Gemeingebrauch: OLG Celle 1. Strafsenat NJW 1975, 1895 L; erlaubnisfreie Sondernutzung: OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288 [OLG Düsseldorf 06.02.1975 - 1 Ss OWi 1196/74]; OLG Celle 2. Strafsenat NJW 1975, 1894 und NdsRPfl 1976, 18; offen: OLG Saarbrücken NJW 1976, 1362 [OLG Saarbrücken 22.12.1975 - Ss B 63/75]; OLG Hamm NJW 1976, 2172 [OLG Hamm 29.07.1976 - 2 Ss OWi 169/76]; vgl. dagegen BVerwGE 35, 326; VGH München DVBl 1967, 920; beide für gewerbsmäßiges Verteilen; OVG Münster DVBl 1972, 509 für politische Flugschriften; noch offen BVerwG NJW 1978, 1933; 1934) [BVerwG 07.06.1978 - 7 C 5/78].

Soweit sie darauf abstellen, damit sei jede "spontane" Kundgabe einer politischen Meinung verhindert (OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288 [OLG Düsseldorf 06.02.1975 - 1 Ss OWi 1196/74]), wird verkannt, daß derart "spontanen" Meinungsäußerungen längere Vorbereitungen in Gestalt von Drucken der Handzettel und Beschriften der Plakate vorausgehen, so daß dabei genügend Zeit für die Einholung einer Erlaubnis bleibt.

Auf ähnliche Ergebnisse läuft die neuere oberlandesgerichtliche Rechtsprechung hinaus, wenn sie im Verteilen von Flugschriften oder im Verkauf von Zeitschriften auf Straßen zwar einerseits eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung erblickt, jedoch andererseits im Hinblick auf die darin liegende Ausübung der Meinungsäußerungsfreiheit die Erlaubnispflichtigkeit dieser Tätigkeit verneint (OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288, sowie der 2. StS des OLG Celle NJW 1975, 1894; vgl. ferner bereits Dicke DVBl. 1969, 316).

§ 33 Abs. 1 Nr. 2 StVO hindert demnach den Erlaß landesrechtlicher Regelungen über die Benutzung der Straßen aus anderen als den der StVO zugrundeliegenden Gründen nicht (…vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 1980 RNr. 7 zu § 33; Lütkes-Meier-Wagner, Straßenverkehr, Anm. 3 und 8 zu § 33 StVO ; Wagner, NJW 1976, 1083, 1084; OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288; OLG Hamm NJW 1977, 687).

Der Senat kommt damit für die Stadt Bremen zu dem gleichen Ergebnis wie das OLG Stuttgart (…a.a.O.) für das Land Baden-Württemberg, das OLG Celle (NJW 1975, 1894 = MDR 1975, 777 = HdsRpfl 1975, 175 - hier nur für das Verteilen von politischen Flugblättern - und NJW 1975, 1895) für das Land Niedersachsen, das OLG Düsseldorf (NJW 1975, 1288) für das Land Nordrhein-Westfalen und das OLG Frankfurt (NJW 1976, 203) für das Land Hessen.